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Serie: INKLUSION UND TEILHABE im OVB
„Jammern hilft nicht”

Andreas Gebhart

Foto:
Für das Foto wollte Andreas Gebebhart nicht lächeln. „Ich bin im Alltag eher ein nachdenklicher Mensch", sagt er. Außerhalb der Kirche hält er sich lieber von anderen Menschen fern, weil er nicht weiß, wie sie auf seine Behinderung reagieren.  

  Zahlen 18 Prozent

Fakten
Laut Teilhabeplan sind nur 18 von 100 Menschen mit einer Behinderung aktives Mitglied in einem Verein.

Menschen
Andreas Gebhart, 47 Jahre alt, Rentner, hirngeschädigt.



Andreas Gebhart hat eine Hirnschädigung


Rosenheim/Landkreis -
Auch behinderte Menschen wollen sich ehrenamtlich engagieren und aktiv am Vereinsleben teilnehmen — so wie Andreas Gebhart. Seit über 20 Jahren ist er Messdiener in der Kirche „Sankt Josef" im Rosenheimer Stadtteil Oberwöhr. „Wenn die Kirche mich braucht, bin ich einsatzbereit", sagt der 47-Jährige. Er hat Zeit, denn wegen seiner Behinderung ist er schon in Rente. Es gibt auch Tage, an denen es ihm nicht gut geht oder an denen er keine Lust habe. „Aber jammern hilft nicht", motiviert er sich selbst.

Als einjähriges Baby erlitt Gebhart eine schwere Kopfverletzung. Was damals passierte, darüber will er nicht reden. Es folgten 20 Jahre voller Krankenhausaufenthalte und Operationen. Die Ärzte setzten ihm ein Ventil in die Schädeldecke ein, das das angestaute Hirnwasser abfließen lässt. Darum leidet er an Schwindelanfällen, weshalb er nicht in der Lage ist, seinen Alltag alleine zu bewältigen. „Vor allem in meiner Wohnung brauche ich Hilfe. Staubsaugen geht noch, aber sobald ich mich bücken muss wird es schwierig", erzählt er. Zweimal in der Woche kommt eine Hilfskraft vom ambulant betreuten Wohnen zu ihm.

Gebhardt ist froh, dass seine frühere Religionslehrerin und der damalige Pfarrer ihn auf die Idee brachten, sich in der Kirchengemeinde einzubringen. „Ich hatte keine Schwierigkeiten, die Abläufe beim Gottesdienst zu lernen und mittlerweile bin ich sogar der älteste Messdiener." An Religion war er wegen seines Unfalls und der Behinderung schon immer interessiert. Am meisten freut er sich, wenn Kirchenfeste wie der Palmsonntagsgottesdienst oder das Pfarrfest am 1. Mai anstehen.

Außerhalb der Kirchengemeinde hält Gebhart lieber Abstand zu anderen Menschen. „Ich weiß ja nicht, wie sie auf mich reagieren", sagt er. Durch seine Behinderung habe er gelernt, sich selbst zu beschäftigen. Darum komme er mit dem Abstand auch gut klar.   bok 

Serie: Inklusion und Teilhabe 
OVB Oberbayerisches Volksblatt Rosenheim, 03.09.2014